Wenn der Hochsommer zu Ende geht, feiern die Schweden ihr Krebsfest, die „kräftskiva“ – manchmal auch „kräftkalas“ genannt. Früher gab es für das Fest ein strenges Startdatum, nämlich den ersten oder zweiten Mittwoch im August. Das Gesetz wurde 1994 abgeschafft. Heute sieht man die Krebse das ganze Jahr über in den Tiefkühltruhen der Lebensmittelgeschäfte, in großen Mengen dann von Ende Juli an.
Die gefrorenen Süßwasserkrebse kommen oft aus der Türkei, Spanien oder China. Frische einheimische Flusskrebse oder die aus den USA eingewanderten Signalkrebse sind leider rar und teuer. Die besten kommen vom besonders sauberen Vättern.
Gerne draußen
Das Krebsfest findet oft im privaten Kreis statt. Wenn das Wetter es noch erlaubt, macht man es gern unter freiem Himmel. Dann riecht es drinnen nicht tagelang nach Krebsen. Man verwendet für das Fest häufig Papiertischtücher, Pappteller, Plastikbecher und Einwegbesteck. Zusammen mit den Schalen der Krebse wandert alles gleich in Müllsäcke.
Man braucht auch immer etwas, mit dem man sich die Hände sauber machen kann: Küchenrollen, Tücher mit Zitronensaft oder eine Schale mit Zitronenwasser und einem kleinen Handtuch. Gepult und gegessen werden die kalten Schalentiere nämlich mit den Fingern, und auch das bisweilen laute Ausschlürfen des Dillsuds gehört ganz einfach dazu.
Für das Öffnen der Krebse benötigt man kleine Krebsmesser oder Nussknacker. Dass man sich dabei in die Finger schneidet ist nicht ungewöhnlich. Pflaster sollte man also auch in der Nähe haben.
Viel Dill
Die Krebse werden in Salzwasser mit viel Dill („krondill“) und etwas Zucker oder Honig gekocht, oft auch mit Bier, z. B. Porter. In Schweden isst man die Krebse kalt. Dazu gibt es Knäckebrot, Baguette, Schinken-Käse-Pie und manchmal auch gewürzten Käse.
Bei einem Krebsfest rechnet man mit ca. 600 bis 800 Gramm Krebsen pro Erwachsenem. Je mehr Beilagen man hat, desto weniger Krebse kann man veranschlagen.
Viel Bier und Aquavit
Ein Krebsfest geht in der Regel mit viel Bier- und Aquavitkonsum einher. Jeder Gast bringt meist seine eigene (halbe) Flasche Aquavit mit, z. B. Skåne oder O. P. Anderson. Wer keinen Alkohol trinken will oder kann, findet auch immer mehr alkoholfreies Bier in Schweden. Übringes tut es auch Bier mit 2,8 oder 3,5 vol. %.
Singen und Schunkeln
Ein wenig erinnert das Krebsfest auch an Karneval: Man setzt sich ein lustiges Papierhütchen auf, bekommt einen bunten Latz, auf dem Tisch liegen kitschige Plastikkrebse und in den Bäumen hängen bunte Lampions. Dazu singen und schunkeln alle Gäste, denn vor jedem Schnaps müssen gemeinsam Schnapslieder gesungen werden („snapsvisor“, z. B. „Helan går“). Für die Schnapslieder gibt es meist ein Liederheft an die Hand. Im Restaurant geht es natürlich etwas feiner zu.
Krebse aus dem Meer: „havskräftor“
Eine Delikatesse das ganze Jahr über sind die im Geschmack etwas milderen Krebse aus dem Meer. Sie werden meist vor der Küste von Bohuslän gefangen. Auf schwedisch heißen sie „havskräftor“, auf deutsch oft Scampi, Norwegischer Hummer oder korrekt Kaisergranat. Sie können bis zu 25 cm lang werden. In Schweden werden sie roh oder gekocht verkauft. Man kann die rohen Krebse auch gratinieren (mit einer Knoblauch-Kräuterbutter und Parmesan oder Västerbottenkäse).
Von den „havskräftor“ (ob roh oder gekocht) gibt es meist zwei Sorten. Die normalgroßen wurden mit Schleppnetzen gefangen, die großen mit Käfigen. Die großen „havskräftor“ kosten rund 50% mehr.
Für ein Krebsfest kann man die „havskräftor“ genauso wie die Fluss- oder Signalkrebse nehmen. Oft entscheiden Verfügbarkeit und Portemonnaie, welche Krebse man wählt. Vor allem an der Westküste nimmt man oft „havskräftor“.
Tipp: Der Sud von den ausgekochten Schalen lässt sich für Suppen oder Saucen verwenden. Dazu verwendet man gern Zwiebeln, Knoblauch, Tomatenmark, Pastinak, Möhren, Fenchel, Dill, weißen Pfeffer, Thymian und Lorbeerblätter.
So sehen die Käfige aus, in denen man Flusskrebse fängt. Hier im Ätran in Svenljunga, Västergötland.
Krebse aus dem Ätran
Schwedische Havskräftor, Krebse aus dem Meer
Kräftskiva im Restaurant Everts Sjöbod in Grebbestad, Bohuslän
Ein wenig wie Karneval
Bild ganz oben auf der Seite: Fjäderholmarnas Krog in den Schären von Stockholm. Bild Krondill: Den Gyldene Freden in der Stockholmer Altstadt. Bild Grebbestad: Jonas Ingman/Västsvenska Turistrådet. Letztes Bild: Spendrups Bryggeri AB