Was tun bei Wildunfall in Schweden?

Elche in einem Elchpark in Småland

Friedliche Begegnung zwischen Autofahrer und Elch, hier in Småland, das nicht weniger als acht Elchparks hat

Die meisten Wildunfälle geschehen im Herbst. Viele Autofahrer sind dann im Morgengrauen und in der Abenddämmerung unterwegs, und in diesem Halbdunkel sind die Elche am aktivsten. Überdies ist Brunftzeit (ca. Mitte September bis Mitte Oktober). Hinzu kommt die Elchjagd – in Südschweden beginnt sie in der zweiten Oktoberwoche. All das führt dazu, dass sich die Tiere im Herbst weiträumiger bewegen als sonst. Manchmal verirren sie sich dann sogar bis ins Zentrum großer Städte.

Aber auch zu anderen Jahreszeiten sollte man auf schwedischen Straßen wachsam sein. Die Polizei rät:

  • nicht zu schnell fahren
  • Abstand halten
  • Straßenrand links und rechts im Auge behalten, Tunnelblick vermeiden
  • besonders vorsichtig an Kreuzungen und Einmündungen sein
  • wenn der Wildzaun aufhört, ebenfalls besonders aufmerksam sein
  • sich nicht auf den Wildzaun verlassen – manchmal umgehen oder durchbrechen ihn die Tiere

Wenn Wild auf die Straße läuft …

Bei Rehen, Wildschweinen und anderen Tieren: nicht ausweichen!

Schwedische Versicherungsgesellschaften raten bei Rehen, Wildschweinen und anderen Tieren, zu bremsen, die Spur zu halten und nicht auszuweichen. Ein direkter Zusammenstoß mit dem Tier sei weniger riskant als ein Ausweichmanöver.

Bei Elchen: ausweichen, wenn möglich!

Anders bei einem Elch: Hier soll man versuchen auszuweichen, sofern die Straße, der Straßenrand und der Verkehr es erlauben. Ein direkter Zusammenstoß mit einem Elch ist lebensgefährlich, weil er in die Windschutzscheibe und auf das Dach fällt. Falls man nicht ausweichen kann, soll man versuchen, dem Elch in die Hinterbeine zu fahren. Dann reißt es ihn eventuell herum, und man hat größere Chancen, glimpflich davonzukommen.

Die Frage ist nur, ob man all diese klugen Ratschläge im Falle eines Falles und im Bruchteil einer Sekunde beherzigen kann …

Was muss man bei einem Wildunfall tun?

Jäger mit Spürhund

Jedes Jahr geschehen zwischen 20.000 und 30.000 Zusammenstöße mit Rehen auf schwedischen Straßen. Dazu kommen rund 5.000 Unfälle mit Elchen und 2.000 mit Wildschweinen. Gemäß dem schwedischen Jagdgesetz müssen alle Zusammenstöße zwischen einem Fahrzeug und Wildtier bei der Polizei gemeldet werden. Im Jahre 2016 waren es sogar insgesamt 58.000 Wildunfälle in Schweden.

Zum Wild zählen nicht nur Reh, Elch und Wildschwein, sondern u. a. auch Bär, Wolf, Luchs, Vielfraß, Otter und Adler. Selbst wenn das Tier offenbar keinen Schaden genommen hat, muss der Unfall gemeldet werden. Die Unfallstelle muss markiert werden. Wenn man den Unfall nicht bei der Polizei meldet, kann man mit Strafe und Bußgeld rechnen.

So soll man bei einem Wildunfall vorgehen

  • Warndreieck aufstellen, damit keine weiteren Unfälle geschehen
  • Unfallstelle markieren, damit Jäger mit Spürhunden den Platz finden können
  • 112 anrufen und den Unfall melden (112 ist auch in Schweden die Notrufnummer der Polizei)
  • Flatterband oder Ähnliches auf der Seite der Straße aufhängen, auf der das Wild nach der Kollision im Wald verschwand
  • Bei Kollision mit Wildschwein, Bär, Wolf und Luchs soll man aus Sicherheitsgründen im Auto bleiben, weiterfahren und das Flatterband rund 100 oder 200 Meter von der Unfallstelle anbringen – davon soll man die Polizei informieren
  • Falls möglich, sollte man ein totes Tier von der Fahrbahn schaffen, dabei aber an die eigene Sicherheit denken
  • Nicht selbst dem Tier nachlaufen, es auch nicht töten (es sei denn, man ist Jäger und weiß, was man macht – einen angefahrenen Hund darf aber nur ein Tierarzt töten)

Wenn man die Polizei anruft, soll man folgende Angaben machen (sofern man kann):

  • Angaben zur Person und zum Fahrzeug
  • Unfallstelle: Straßennummer, Ort, markante Punkte in der Umgebung
  • Wie die Unfallstelle markiert ist: Flatterband, Plastiktüte etc.
  • Wildart: Reh, Elch, Wildschwein …
  • Fluchtrichtung des Wildes
  • Ganz wichtig: Detaillierte Beschreibung der Unfallstelle, eventuell GPS-Position – alternativ kann man den Tageskilometerzähler auf null stellen und zu einem Platz fahren, den man kennt, z. B. eine Kreuzung, Kirche oder ein Rastplatz, dort liest man dann den Kilometerstand ab

Ein Wildunfall kann jedem passieren. Einen Wildunfall nicht zu melden ist dagegen strafbar.

Anmerkung: Das Fleisch eines Elchs hat einen Wert von ungefähr 5.000 SEK. Es gibt also auch ökonomische Interessen, wenn man das Leiden eines angefahrenen Elchs verkürzen will.

Zum Markieren der Unfallstelle soll man Flatterband, eine Plastiktüte oder ein auffallendes Kleidungsstück nehmen – bei Besikta, einem schwedischen Gegenstück zum deutschen TÜV, erhält man auch solche kostenlosen Markierungsstreifen. (Bild: Kristian Lindberg)

Zunahme von Wildunfällen

Innerhalb von fünf Jahren ist mancherorts in Schweden die Zahl von Wildunfällen um 60% gestiegen. Gründe sind mehr Tiere, zunehmender Verkehr und schlecht gepflegte Wildzäune.

Nun beginnt man bei neuen Straßen über Wildtunnel und Wildunterführungen nachzudenken. Bei Kungsbacka wird ein sogenannter Ökodukt über die Autobahn gebaut, damit die Tiere ungehindert die Seite wechseln können.

58.000 Wildunfälle in 2016 sollen nach Vorhersagen von Trafikverket in den nächsten 20 Jahren auf das Doppelte wachsen. Es sei denn, die altersschwachen Wildzäune werden generalüberholt.

Mehr Infos

www.viltolycka.se

Meine erste Begegnung mit einem Elch hätte fast meine letzte sein können

Ich war schon einige Male in Schweden mit dem Auto unterwegs gewesen, hatte aber noch nie einen Elch in freier Wildbahn gesehen. Im Scherz sagte ich, „mit dem ersten Elch, den ich sehe, stoße ich zusammen“. Und so kam es dann fast.

Ich war nachts um 2 Uhr im Regen in Värmland Richtung Karlstad unterwegs. Mein Auto war ein alter Ford Escort, damals noch ohne Airbag und schaumummanteltes Lenkrad. Nicht einmal eine Kopfstütze hatte ich.

Da kam der Elch von rechts über die Straße. Da ich wegen des Regens nur 60 km/h fuhr, ging alles gut. Ich bremste vorsichtig und drehte mich über die linke Schulter. Da sah ich den Elch im Wald verschwinden.

Wäre ich ein oder zwei Sekunden vorher an der Stelle gewesen, hätte es gekracht.

Großes Glück gehabt!

Bild 1: Cathrine Rydström/Destination Småland; Bild 2: Magnus Nyman – das Bild zeigt einen Jäger mit Spürhunden beim Versuch, ein angefahrenes Wildtier zu finden