Reise-Knigge für Schweden

Schweden und Deutsche sind sich in vieler Hinsicht ähnlich. Was Temperament, Kultur, Wertvorstellungen, politisch-moralisch-ethische Standpunkte betrifft, sind wir oft nicht weit voneinander entfernt. Dennoch gibt es genügend Stolperfallen, die einen als Deutschen ins Fettnäpfchen treten lassen (auf schwedisch: „trampa i klaveret“).

Persönliche Erfahrungen

Auf den folgenden Unterseiten haben wir einige der Unterschiede beschrieben. Wie immer auf Schwedentipps.se sind diese Beschreibungen persönlich. Es sind Erfahrungen, die wir im Umgang mit Schweden gemacht haben. Andere Deutsche werden andere Erfahrungen gemacht haben.

Besserwisser haben es schwer

Gegen die hier beschriebenen schwedischen Sitten, Normen, Wertvorstellungen und Gebräuche kann man als Deutscher oftmals verstoßen und dennoch nicht anecken. Es ist, wie immer im Leben, eine Frage, wie man es macht. Macht man es mit Charme oder sympathischer Unwissenheit, dann kann man bei den Schweden auch mit freundlicher Nachsicht rechnen. Tritt man laut auf, aggressiv und als „Besserwisser“ (ein Wort, das so Eingang in die schwedische Sprache gefunden hat), dann muss man mit Ablehnung rechnen.

Wikinger und Germanen

Woran denken Deutsche, wenn sie an Schweden denken?

Oftmals ist es so, dass die Schweden den Deutschen, bei aller schrecklichen Belastung durch die deutsche Geschichte, mehr nachzusehen bereit sind als anderen Ausländern. In solchen Momenten bekommt man von den Schweden augenzwinkernd zu hören, dass „wir Wikinger und Germanen“ ja doch irgendwie eng zusammengehören. Man steht dann da und weiß nicht, ob man das nett oder beklemmend finden soll.

Das sind unsere Themen

  • Schuhe ausziehen
    Von nackten Füßen, Wollsocken und blauen Überziehern.
  • Parfüm
    Warum Düfte in Schweden sparsam verwendet werden.
  • Nummerlapp (Kölapp)
    Warum es beim Warten gerecht und gelassen zugeht.
  • Im Restaurant essen
    Die Themen: Garderobe, Leitungwasser, Bezahlen, Trinkgeld …
  • Rauchen
    Was sollten Raucher in Schweden beachten?
  • Hupen
    Verwendung von Hupe, Lichthupe und Warnblinkanlage.
  • Duzen
    Wen darf man duzen? Und was gilt für den Vornamen?
  • Alkohol – Sitten und Gewohnheiten
    Was gilt bei privaten Einladungen? Warum hat Schweden ein anderes Verhältnis zum Alkohol als der Kontinent?
  • Buttermesser
    Warum man in Schweden manchmal kein Messer bekommt.
  • Prüderie
    Wo ist die „schwedische Sünde“ geblieben?
  • Pünktlichkeit
    Was gilt bei privaten Einladungen und im Geschäftsleben?
  • Zurückhaltung
    Was das Jantegesetz ist und warum man nicht als Besserwisser auftreten sollte.
  • Politische Korrektheit
    Was darf man wo sagen und tun? Von Selbstzensur und einer „Toblerone-Affäre“.

Das Buch zum Thema: „Fettnäpfchenführer Schweden“

Delia Kübeck, „Fettnäpfchenführer Schweden: Die ungeahnten Geheimnisse blaugelber Etikette“ (März 2010) – mittlerweile liegt das Buch in der 6. Auflage vor (Ende 2016)

Wer wissen will, wie sich die Schweden im privaten Umgang, als Nachbarn, als Kollegen am Arbeitsplatz oder als Kunden verhalten, der findet in Delia Kübecks Buch kluge und wohlinformierte Antworten. Kübeck versucht auch zu ergründen, warum sich die Schweden so verhalten, wie sie sich verhalten. Sie erklärt zum Beispiel, warum viele Schweden auch heute noch Schwierigkeiten haben, bei Tisch vernünftig mit Messer und Gabel umzugehen.

Kübecks „Fettnäpfchenführer“ besteht aus drei Teilen: einem Teil für Besucher in Schweden (die Themen reichen vom Jedermannsrecht über das Einkaufen bis hin zu Einladungen und Meetings), einem Teil für Einwanderer und schließlich einem Teil mit Fettnäpfchen von A bis Z, von „Abschied nehmen“ bis „Zeitverständnis“.

Fettnäpfchen allerorten

Wie Kübeck leben wir schon lange in Schweden. Alle im Buch geschilderten Fettnäpfchen können wir nachvollziehen – in viele sind wir selbst getreten, und das keineswegs nur, als wir neu in Schweden waren. Auch heute passiert uns das, ob mit Nachbarn, auf der Arbeit oder im Umgang mit Behörden, Handwerkern oder beim Einkaufen.

Kübeck hat in ihrem Buch das typisch Schwedische beschrieben. Nicht immer allerdings muss es in Schweden typisch schwedisch zugehen. Kübeck weist selbst wiederholt darauf hin, dass es in den Großstädten Stockholm, Göteborg und Malmö sowie in Nordschweden (graduell) anders zugehen kann.

Kübecks Beispiele wirken manchmal arg konstruiert und überdeutlich. Insgesamt ist das Buch aber ein sehr nützlicher Ratgeber für alle, die ihre schwedischen Nachbarn und Freunde, Kollegen und Kunden besser verstehen wollen – und für alle, die sich als Gast in Schweden möglichst selten blamieren wollen.

Das Buch ist bei Amazon erhältlich:  Delia Kübeck, „Fettnäpfchenführer Schweden: Die ungeahnten Geheimnisse blaugelber Etikette“

Deutsche lieben Schweden, doch andersherum ist es schwer – Das „Bullerbü-Syndrom“

Der (offenbar) Deutsche Niels Reise beschreibt in einem Beitrag für die schwedische SVT1-Fernsehsendung „Kobra“ und in einer Dokumentation für einen Themenabend auf SVT2 (beide Oktober 2008) das deutsch-schwedische Verhältnis, wie er es sieht.

Deutsche pflegten eine „Über-Liebe“ zu einem „Kitsch-Schweden“, behauptet er einleitend. In Deutschland gebe es über 200 „Astrid-Lindgren-Schulen“, aber nur eine einzige in Schweden. Er nennt dieses Liebesverhältnis das „Bullerbü-Syndrom“ und greift damit eine Wendung auf, die der ehemalige Leiter des Goethe-Instituts in Stockholm, Berthold Franke, geprägt hat. Die Deutschen würden nicht das wirkliche Schweden lieben, sondern ein erfundenes Sehnsuchtsland, das sie „Schweden“ nennen.

Diese Liebe würde von den Schweden nicht erwidert, meint Reise.

Wie wir das deutsch-schwedische Verhältnis sehen

Wir können die Meinungen von Niels Reise kaum teilen. Klar gibt es Schweden, die den einen oder anderen Deutschen nicht mögen. Vielleicht haben sie schlechte Erfahrungen gemacht, mit deutschen Geschäftspartnern oder deutschen Urlaubern. Auch ich habe schon mal Ablehnung erfahren, aber nicht weil man mich als Deutschen zurückgewiesen hat, sondern weil ich mich als Mensch daneben benommen hatte.

Deutsche und Schweden sind sich sehr, sehr ähnlich. Gerade daraus resultieren oft Missverständnisse (man meint, der andere müsse doch wissen, wie man sich in einer bestimmten Situation richtig verhält) und manchmal auch brüderliche Konkurrenzsituationen.

Inga Lindström

Einmal zeigte der schwedische Sender SVT2 zwei Lindström-Filme hintereinander an einem Samstagabend. Vor der Ausstrahlung der beiden „Inga Lindström“-Filme im SVT sagte die Drehbuchautorin Christiane Sadlo der Nachrichtenagentur ddp: „Mal schauen, ob es dafür einen Markt gibt.“

Sie fügte hinzu, es sei klar, dass die Filme keine schwedische Realität seien. Sie habe zudem den Eindruck, dass die Schweden anders mit Fernsehen umgehen: „Diese Kitsch- und Emotionsebene, die wir mit Pilcher begonnen haben, gibt es dort nicht so deutlich.“ Andererseits sei sie von Leuten angerufen worden, die sagten, „wir würden so etwas auch gerne sehen“.

„Sieh mal, wie schön das hier ist!“

So oder so ähnlich heißt es bestimmt fünf- oder sechmal in „Inga Lindströms“ Film Sommer der Entscheidung. Ja, auch wir fanden die Bilder fantastisch. Aber, bitte, was hatte das mit Schweden zu tun? Nichts! Christiane Sadlo behauptet das auch nicht.

Sadlo schreibt eine Liebesgeschichte (ziemlich konstruiert zudem) und braucht dafür ein Milieu, das mit großartigen Bildern und enervierender Musikbegleitung eine romantische, sehnsuchtsvolle Stimmung erzeugt. Der Film wurde zwar in Sörmland gedreht, hätte genauso gut aber im Schwarzwald oder in Mecklenburg spielen können.

In diesem Film trübt keine Mücke das Bild und kein Regentropfen. Armes Bavaria-Filmteam, das in Nyköping vielleicht zwei Wochen lang darauf warten musste, bis endlich das richtige Wetter für den Dreh gekommen war …

Wir fanden den Film einfach nur seicht. Meine schwedischen Kollegen fanden ihn bizarr.