Warum ein Hembygdsgård ein lohnendes Ausflugsziel ist – Heimatmuseen in Schweden

Hembygdsgård, Heimathof oder Heimatmuseum

Wenn ihr im Sommer durch Schweden fahrt, fallen euch sicherlich Hinweisschilder mit dem Wort „Hembygdsgård“ auf. Was hat es mit diesem Begriff auf sich? Zunächst einmal setzt er sich aus zwei Wörtern zusammen: „Hembygd“ bedeutet „Heimat“, und „gård“ bedeutet „Hof“. Auf Deutsch könnte man also Heimathof oder Heimatmuseum sagen. Die Begriffe Hembygdsgård und Heimatmuseum sind allerdings nicht deckungsgleich, denn nicht jeder Hembygdsgård ist auch ein richtiges Heimatmuseum.

Der deutsche Heimatbegriff deckt sich ebenfalls nicht ganz mit dem schwedischen. In Deutschland gibt es heute leider auch Konnotationen, die einerseits durch die deutsche Geschichte und andererseits durch aktuelles rechts-konservatives Gedankengut geprägt sind. Die NPD hat sich ja sogar in „Die Heimat“ umbenannt.

Kulturgeschichte: Das alte Schweden dokumentieren und bewahren

Hier in Schweden wird der Begriff „hembygd“ hingegen unpolitisch verwendet. In einem Hembygdsgård wird das Wissen um die eigene Herkunft und Geschichte bewahrt. Es geht dabei weniger um Romantik und Verklärung als vielmehr um Neugier, Verstehen und Dokumentieren.

Der schwedische Heimatbegriff deckt sich also eher mit dem aus der deutschen „Heimat“-Trilogie von Edgar Reitz, vor allem mit dem Heimatbegriff aus dem ersten Film, der im fiktiven Ort Schabbach im Hunsrück spielt (1984 in elf Teilen in der ARD ausgestrahlt).

1.400 Hembygdsgårdar in ganz Schweden

In Schweden gibt es 1.400 „hembygdsgårdar“ mit zusammen 11.000 Gebäuden. Diese Anlagen können sehr unterschiedlich sein: Mal sind sie eher ein Freilichtmuseum, mal eher ein Sommercafé und mal eher ein Veranstaltungsort für Theater, Musik und Vorträge. Meist dominiert eine Mischung aus allen drei Varianten.

Hembygdsgård, Heimathof oder Heimatmuseum

Strömsund in Jämtland

Überdies hat ein Hembygdsgård oft auch die Funktion eines Dorfarchivs, in dem nicht nur Dokumente und Fotografien, sondern auch Alltagsgegenstände gesammelt werden. Dabei arbeitet ein Hembygsgård häufig mit Museen und Schulen zusammen – oder der Hembygsgård ist sogar selbst ein richtiges Heimatmuseum.

Auch Ahnenforscher aus dem In- und Ausland nutzen die Sammlungen gerne. Auf der Suche nach ihren Wurzeln kommen nicht zuletzt zahlreiche Amerikaner jeden Sommer nach Schweden.

Viele kleine Ortschaften in Schweden haben weder einen Pub noch ein Restaurant. Wo soll man sich dann treffen, um z. B. eine Vereinssitzung abzuhalten? Auch da hilft der Hembygdsgård, denn die meisten haben eine Küche und einen kleinen Gastraum.

Was wird Besuchern geboten?

Während der Sommermonate haben viele der Hembygdsgårdar geöffnet. Sie freuen sich über interessierte Besucher. Oft werden Führungen durch die Gebäude angeboten. Wenn das nicht der Fall ist, dann fragt einfach, wenn ihr etwas wissen wollt. Man wird euch gerne Auskunft geben.

Ein wichtiger Bestandteil im Veranstaltungskalender der Hembygdsgårdar sind das Mittsommerfest und das Sommercafé. Fast jeder größere Hembygdsgård bietet beides an. Oft gibt es auch Veranstaltungen mit schwedischer Volksmusik.

In einer aktuellen nationalen Statistik stehen folgende imposante Zahlen zu lesen: Die lokalen Heimatvereine organisieren jedes Jahr 750 Mittsommerfeste, 500 Valborg-Feiern (Walpurgisnacht, 30. April), 500 Nationaltag-Feiern (6. Juni) und 500 Weihnachtsmärkte. Es wird also sehr viel geboten. Und alles wird von ideellen Kräften geleistet.

Große touristische Bedeutung

Die Gesamtzahl der Besucher der Heimatvereine wird auf 4,5 Millionen pro Jahr geschätzt. Das ist eine gewaltige Zahl. Die Hembygdsgårdar haben somit eine große touristische Bedeutung, vor allem auf dem Land.

Bonustipp: Fotomotive

Ein Hembygdsgård ist oft naturschön gelegen. Meist gibt es Felder, Wiesen und einen See in der Nähe. Ihr findet alte Scheunen, Ställe, Mühlen und Handwerksstuben. Wenn ihr auf der Suche nach echt schwedischen Fotomotiven seid, dann werdet ihr hier fündig. Fahrt also hin und schaut euch um.

Hembygdsgård, Heimathof oder Heimatmuseum

Frösön in Östersund, Jämtland

Die falunroten oder grauen Wände der Holzhäuser eigenen sich auch prima als ruhiger, rustikaler Hintergrund für Porträtfotografie und Selfies. Zieht euch ein Sommerkleid an oder setzt euch einen Sommerhut auf, dann habt ihr hier die Möglichkeit, schöne Bilder zu machen.

Schwedischer Heimatvereinsverband

Der schwedische Heimatvereinsverband wurde 1916 gegründet. Er ist die Dachorganisation der schwedischen Heimatvereinsbewegung. Es gibt 26 Regionalverbände mit rund 2.000 örtlichen Heimatvereinen und insgesamt etwa 400.000 Mitgliedern.

„Sveriges hembygdsförbund“ heißt der Verband im Original (kurz SHF). Er betreibt auch eine sehr schöne und nützliche Website. Auf ihr sind über 1.200 lokale Heimatvereine verzeichnet – auch in einer Karte, die das Suchen erleichtert.

Mehr Infos

www.hembygd.se

Hembygdsgård, Heimathof oder Heimatmuseum

Kisa in Kinda, Östergötland

Mittsommer feiern - Mittsommerfeste in Schweden

Hägnan in Luleå

Hembygdsgård, Heimathof oder Heimatmuseum

Gällö in Bräcke, Jämtland. Hier ist der Hembygdsgård auch ein Schulmuseum.